Am 28 Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (kurz BFSG) in Kraft
Barrierefreiheit wird Pflicht – was Du jetzt wissen musst
Wozu Barrierefreiheit?
Viele Webseiten sind für Menschen mit Behinderungen aktuell nur eingeschränkt oder gar nicht nutzbar, und das, obwohl das Internet mittlerweile schon über 30 Jahre lang existiert. Den meisten Nutzern und Nutzerinnen fällt dieser Umstand vermutlich gar nicht auf. Oft reicht aber schon ein kleines Selbstexperiment. Versuche zum Beispiel einmal, nur mit der Tastatur auf einer Webseite zu navigieren. Vermutlich wirst Du schnell feststellen, dass das nicht auf jeder Seite gut funktioniert.
Warum nur mit Tastatur? Ganz einfach darum, weil einige Menschen mit Einschränkungen, etwa Blinde, nicht mit einer Maus arbeiten können. Und dabei ist dies nur eines von vielen Beispielen, welche Hindernisse auftreten können.
Barrierefreiheit wird Pflicht!
Neben der moralischen Komponente, Menschen mit Behinderungen einen uneingeschränkten Zugang auf die eigenen Websiteinhalte zu ermöglichen, gibt es seit 2021 auch eine gesetzliche Komponente. Da wurde nämlich das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (kurz BFSG) beschlossen. Es soll dafür sorgen, dass Webseiten zukünftig auffindbarer, zugänglicher und nutzbarer für Menschen mit Behinderungen werden.
Dieses Gesetz tritt am 28 Juni 2025 in Kraft.
Welche Auswirkungen hat das BFSG?
Das Gesetz betrifft nicht sämtliche Webseiten im Internet, sondern konkret
- Onlineshops, bei denen Produkte erworben werden können
- Seiten, bei denen Buchungen durchgeführt werden können (z. B. ein Auto, eine Reise usw.)
*ausgenommen davon sind Kleinstunternehmen unter 10 Mitarbeitenden bzw. unter 2 Mio. Euro Umsatz
Falls Du unsicher bist, ob Deine Seite darunter fällt, kannst Du dies auch über den offiziellen BFSG Check prüfen.
Ernst nehmen sollte man das neue Gesetz in jedem Fall. Die Nichtachtung des BFSG stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit bis zu 100.000 Euro bestraft werden. Zusätzlich dazu kann das Anbieten der Ware/Dienstleistung komplett untersagt werden.
Wie sehen die Richtlinien dieses Gesetzes aus?
Ausschlaggebend dafür, ob eine Website ausreichend barrierefrei ist oder nicht, sind die sogenannten Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) in der aktuellen Version 2.2. Diese Guidelines unterteilen ihre einzelnen Kriterien in die Level A, AA und AAA. Damit die Website BFSG-konform ist, müssen mindestens alle Kriterien des Levels AA (und darunter) erfüllt sein. Noch besser im Sinne der Barrierefreiheit ist das Erfüllen der Kriterien des Levels AAA.
Du fragst Dich vielleicht, inwieweit Deine Webseite diese Richtlinien erfüllt. Hier haben wir gute Neuigkeiten für Dich: Mit unserem kostenlosen Check erfährst Du, wo Deine Hauptseite aktuell steht, und erhältst sogar wertvolle Hinweise zu Verbesserungspotenzialen.
POUR
Neben bekannten Klassikern wie NOSW oder SWAD gibt es erneut ein Abkürzungsbündel, das zu merken sich lohnt. In diesem Fall geht es um die vier Themengebiete, in die sich die Kriterien des WCAG und damit die Kriterien für Barrierefreiheit aufteilen:
- Perceivable (die Wahrnehmbarkeit z. B. für Blinde, Taube, usw.)
- Operable (die Bedienbarkeit, insbesondere mit der Tastatur)
- Understandable (die Verständlichkeit, z. B. durch einfache Sprache)
- Robust (die Robustheit, z. B. durch eine solide HTML-Struktur)
Diese vier Grundsäulen ergeben eine stabile Webseite, die von allen Menschen, egal ob mit oder ohne Einschränkungen, ein zufriedenstellendes Nutzererlebnis bietet.
Um einen besseren Eindruck davon zu bekommen, was hinter den einzelnen Themenfeldern steckt, folgen nun noch ein paar Beispiele.
Ein Text im Bildformat? Warum das keine gute Idee ist
Blinde können weder Texte noch Bilder auf einer Webseite erkennen. Texte stellen aber grundsätzlich die kleinere Hürde, denn ein Vorleseprogramm kann sie dem eingeschränkten Nutzer ganz einfach vorlesen. Das geht jedoch nicht, wenn dieser Text in einem Bild steht. Dann kann die Information von Blinden nicht wahrgenommen werden. Um dies zu lösen, kann man entweder auf solche Bilder verzichten, oder aber sie mit entsprechenden Alternativtexten oder Beschriftungen versehen, sofern die darin enthaltenen Informationen dann ausreichen.
Die Sendung mal ohne die Maus machen
Tippen über die Tastatur, Bedienen mit der Maus. Für Menschen der Generationen X und Y ist das gewohntes Territorium. Zoomer tauschen die Maus einfach mit Touch. Aber hast Du mal versucht, eine Webseite nur mit der Tastatur zu bedienen? Gar nicht immer so einfach, oder?
Genau hier haben aber Blinde oft keine andere Wahl. Sie sind auf die Bedienung per Tastatur angewiesen. Wenn dies auf einer Webseite nicht funktioniert, werden sie daher unweigerlich ausgeschlossen.
Nochmal auf Deutsch, bitte
Verkompliziere die Inhalte auf Deiner Webseite nicht. Vielleicht bist Du studiert oder drückst Dich sprachlich sehr eloquent aus, aber das bedeutet nicht, dass dies auch auf Deine Nutzer zutrifft. Mit simpel formulierten Texten holst Du alle gleichermaßen ab und vermeidest, dass etwas nicht oder gar falsch verstanden wird.
Falls Du aber gute Gründe hast, dass Deine Texte so kompliziert sind, weil sie sich beispielsweise um Gesetze oder die Wissenschaft drehen, ist es gut den Nutzern zumindest Alternativtexte in einfacher Sprache anzubieten.
Tore auf für unterstützende Technologien
Unterstützende Technologien wie Vorleseprogramme sind ein Segen für Menschen mit entsprechenden Einschränkungen. Damit diese aber auf der Webseite funktionieren, ist eine gewisse Robustheit, insbesondere in der HTML-Struktur, notwendig. Schlecht geformte Markups oder unkonventionelles Coding sollte man daher tunlichst vermeiden.
Für die Entwickler unterstützender Technologien ist es mitunter schwierig, mit den schnellen Änderungen im technischen Bereich mitzuhalten. Daher müssen wir versuchen, ihnen möglichst entgegenzukommen und entsprechenden Konventionen zu folgen.
Fazit
Wie man sieht, gibt es einige Dinge im Bezug auf das neue Gesetz zu beachten. Aber auch Gründe, warum sich dies lohnt. Neben der Konformität mit den neuen Richtlinien kannst Du schließlich auch von potenziellen Neukunden profitieren, für die Deine Seite bislang vielleicht noch keine Option war.
Bei der Umsetzung der neuen Richtlinien lassen wir Dich natürlich nicht alleine. Wir haben uns intensiv mit dem Thema Barrierefreiheit auseinandergesetzt und unterstützen Dich von der Analyse bis hin zur Umsetzung. Kontaktiere uns bei Bedarf gerne.
- BFSG – Alles zum neuen Gesetz
Wozu?
BFSG ist Pflicht
Auswirkungen
Richtlinien - POUR – die 4 Kategorien
Perceivable
Operable
Understandable
Robust